Dieser Artikel ist ein Beitrag zur Blogparade von Eva Helms Familiäre Glaubenssätze und ihre Spuren in deinem Leben.
In jeder Familie gibt es Sätze, die – bewusst oder unbewusst – über Generationen weitergegeben werden. Manche werden dabei nicht einmal laut ausgesprochen. Diese Sätze prägen unser Denken und Handeln manchmal mehr als uns lieb ist.
Neben den „Klassikern“ wie „Was sollen denn die Nachbarn denken?“ oder „Das macht man nicht“ gab es in meinem Leben zwei Glaubenssätze, die mein Leben geprägt haben.
Glaubenssatz #1: Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Diesen Satz hörte ich als Kind fast täglich. Damals empfand ich ihn als normal – als einen dieser typischen Erwachsenensätze, der einfach irgendwie dazugehörte.
Doch dieser Satz hatte Folgen: Ich lernte früh, nicht auf mein eigenes Hunger- und Sättigungsgefühl zu achten. Am Esstisch war es keine Option, nicht zu essen – unabhängig davon, ob ich Hunger hatte oder satt war, ob mir das Essen schmeckte oder nicht.
Lange Zeit war ich also davon überzeugt, dass ich nicht „Nein“ sagen darf, vor allem beim Thema Essen. Dieser Glaubenssatz hat unterbewusst wesentlich dazu beigetragen, dass ich in meiner Jugend eine Essstörung entwickelte.
Es war ein langer Weg, zu lernen, dass ich selbst entscheiden darf, was, wann und wie viel ich esse.
Woher kommt dieser Glaubenssatz
Dieser Satz stammt aus einer Zeit, in der Essen knapp war. Besonders in der Kindheit meiner Groß- und Urgroßeltern – geprägt von Krieg, Hunger und Entbehrung – galt Nahrung als kostbar. Nicht aufzuessen war nahezu undenkbar.
Wahrscheinlich reicht dieser Satz noch viel weiter zurück: Auch die letzten Jahrhunderte waren in Bayern von Armut, Unsicherheit und Kriegen gezeichnet. In solchen Zeiten wurde Dankbarkeit für jede Mahlzeit zur Überlebensstrategie.

Glaubenssatz #2: Du schaffst das
Diesen Satz hörte ich seltener – vielleicht hat er gerade deswegen auch so eine besondere Bedeutung für mich. Oft kam er von meiner Oma oder meiner Mutter, meist in Momenten, in denen ich überfordert war oder nicht weiter wusste.
Auch heute noch rufe ich mir diesen Satz in Erinnerung, wenn ich vor schwierigen Entscheidungen stehe oder wieder einmal an mir zweifle. Er ist mein liebevoller innerer Begleiter, der mich immer wieder daran erinnert: Ich bin nicht allein.
Besonders in Phasen großer Veränderung – etwa während meiner Schwangerschaften oder beim beruflichen Neustart – hat mir dieser Satz Kraft gegeben. Er erinnert mich daran, dass ich schon viele Herausforderungen gemeistert habe und auf meine innere Stärke vertrauen darf.
Diesen stärkenden Satz gebe ich gerne auch an meine Kinder weiter.
Fazit
Familiäre Glaubenssätze begleiten uns oft ein Leben lang. Manche dürfen wir in Liebe loslassen – andere dürfen bleiben und uns durch schwere Zeiten tragen.
Die Auseinandersetzung mit diesen Glaubenssätzen kann manchmal schmerzhaft sein – aber auch heilsam. Und manchmal liegt genau darin der Schlüssel zu unserem inneren Frieden.
Liebe Tina, Glaubenssatz Nr. 1 ist wohl der Klassiker. Ich finde es gut, dass du so explizit beschreibst, wie tief – wie viele Jahrhunderte – er in unseren Familiensystemen zurückreicht. Zwei Geschwister meiner Großmutter sind im „Kohlrübenwinter“ 1916/1917 sogar an Unterernährung und Krankheit gestorben! – Heute haben wir eher ein Überangebot an gesunden und weniger gesunden Nahrungsmitteln. Vielleicht sollten wir den Satz jetzt einfach drehen: Auf den Tisch kommt nur, was wir auch wirklich essen wollen!
Viele liebe Grüße! Eva
Liebe Eva,
vielen Dank für deinen berührenden Kommentar. Deine Idee, den Satz umzudrehen, gefällt mir sehr.
Herzliche Grüße
Tina
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